Hyperemesis gravidarum als "verderbliches Schwangerschafts-Erbrechen":
Eine Erkrankung, die früher bisweilen zum Tod der werdenden Mutter führte
In der älteren Literatur findet sich für HG der Begriff "vomitus gravidarum perniziosus", was übersetzt "verderbliches Schwangerschafts-Erbrechen" heißt. Dieser stammt aus einer Zeit vor Einführung der intravenösen Infusionstherapie, in der eine schwere Hyperemesis gravidarum eine potentiell lebensbedrohliche Schwangerschaftskomplikation darstellte.
Das bekannteste historische Beispiel für einen Todesfall, der wahrscheinlich auf eine Hyperemesis-Erkrankung zurückzuführen ist betrifft die englische Schriftstellerin Charlotte Brontë im Jahre 1855.
1930 verfasste Hans Saenger eine Abhandlung mit dem Titel "Der Tod bei Hyperemesis gravidarum". Dieser stellte anhand von Aufsätzen weit vor seiner Zeit anschaulich dar, wie Mediziner darum rangen, den richtigen Zeitpunkt für einen Abbruch zu bestimmen, um noch eine Chance zu haben, das Leben der Mutter zu retten. Damals waren Abbrüche ein langwieriger Prozess und schwer an HG erkrankte Frauen überlebten diesen Eingriff nicht, wenn er zu spät durchgeführt wurde und sie bereits zu sehr geschwächt waren. Saenger weist in seiner vor fast 100 Jahren veröffentlichten Abhandlung darauf hin, dass sich die Überlebenschancen deutlich gesteigert haben seit es möglich ist, Schwangere intravenös zu versorgen. In seiner Zeit (um 1930) waren Todesfälle bei Hyperemesis gravidarum bereits eine Seltenheit, obgleich sie auch da noch vorkamen.
Dass mit der Einführung der intravenösen Flüssigkeitsversorgung die Sterblichkeit deutlich zurückging, darauf weisen auch Ismail und Kollegen (2007) in ihrer Übersichtsarbeit hin. Sie zeichnen auf, dass es in England in den Jahren 1991-1993 zu drei Todesfällen gekommen sei, die im Zusammenhang mit einer Hyperemesis gravidarum standen. Hingegen verstarben in den Jahren 1931-1940 pro einer Millionen Schwangeren je 159 Frauen an den Folgen einer Hyperemesis-Erkrankung.
Leider sind mir auch aus den letzten Jahren Todesfälle infolge der HG bekannt - diese sind zumeist Folge eines Behandlungsfehlers: Manchmal wird die Hyperemesis gravidarum mithilfe von Glukoseinfusion behandelt. Der Glukosestoffwechsel setzt jedoch voraus, dass im Körper genug Thiamin vorhanden ist. Thiamin gehört zu den B-Vitaminen (Vitamin B1) und wird bei normaler Ernährung in ausreichenden Mengen aufgenommen. Kommt es jedoch zu einem Thiamin-Mangel (das kennt man unter anderem von Alkoholikern), so kann es zu einer schwerwiegenden neurologischen Komplikation kommen: Der sogenannten Wernicke-Enzephalopathie. Das ist an sich hinreichend bekannt - doch erfahre ich von Zeit zu Zeit, dass Frauen Glukoseinfusionen ohne Thiamin erhalten. Oft bleibt das ohne Folgen - aber nicht immer. Deshalb ist es zwingend, dass bei einer Hyperemesis gravidarum Glukose gemeinsam mit Thiamin verabreicht wird.
Das bekannteste historische Beispiel für einen Todesfall, der wahrscheinlich auf eine Hyperemesis-Erkrankung zurückzuführen ist betrifft die englische Schriftstellerin Charlotte Brontë im Jahre 1855.
1930 verfasste Hans Saenger eine Abhandlung mit dem Titel "Der Tod bei Hyperemesis gravidarum". Dieser stellte anhand von Aufsätzen weit vor seiner Zeit anschaulich dar, wie Mediziner darum rangen, den richtigen Zeitpunkt für einen Abbruch zu bestimmen, um noch eine Chance zu haben, das Leben der Mutter zu retten. Damals waren Abbrüche ein langwieriger Prozess und schwer an HG erkrankte Frauen überlebten diesen Eingriff nicht, wenn er zu spät durchgeführt wurde und sie bereits zu sehr geschwächt waren. Saenger weist in seiner vor fast 100 Jahren veröffentlichten Abhandlung darauf hin, dass sich die Überlebenschancen deutlich gesteigert haben seit es möglich ist, Schwangere intravenös zu versorgen. In seiner Zeit (um 1930) waren Todesfälle bei Hyperemesis gravidarum bereits eine Seltenheit, obgleich sie auch da noch vorkamen.
Dass mit der Einführung der intravenösen Flüssigkeitsversorgung die Sterblichkeit deutlich zurückging, darauf weisen auch Ismail und Kollegen (2007) in ihrer Übersichtsarbeit hin. Sie zeichnen auf, dass es in England in den Jahren 1991-1993 zu drei Todesfällen gekommen sei, die im Zusammenhang mit einer Hyperemesis gravidarum standen. Hingegen verstarben in den Jahren 1931-1940 pro einer Millionen Schwangeren je 159 Frauen an den Folgen einer Hyperemesis-Erkrankung.
Leider sind mir auch aus den letzten Jahren Todesfälle infolge der HG bekannt - diese sind zumeist Folge eines Behandlungsfehlers: Manchmal wird die Hyperemesis gravidarum mithilfe von Glukoseinfusion behandelt. Der Glukosestoffwechsel setzt jedoch voraus, dass im Körper genug Thiamin vorhanden ist. Thiamin gehört zu den B-Vitaminen (Vitamin B1) und wird bei normaler Ernährung in ausreichenden Mengen aufgenommen. Kommt es jedoch zu einem Thiamin-Mangel (das kennt man unter anderem von Alkoholikern), so kann es zu einer schwerwiegenden neurologischen Komplikation kommen: Der sogenannten Wernicke-Enzephalopathie. Das ist an sich hinreichend bekannt - doch erfahre ich von Zeit zu Zeit, dass Frauen Glukoseinfusionen ohne Thiamin erhalten. Oft bleibt das ohne Folgen - aber nicht immer. Deshalb ist es zwingend, dass bei einer Hyperemesis gravidarum Glukose gemeinsam mit Thiamin verabreicht wird.
=> Bei Hyperemesis gravidarum keine Glukoseinfusionen ohne Thiamin!
Siehe auch englische Leitlinie RCOG Green-top Guideline No. 69 zur Behandlung der Hyperemesis gravidarum von Royal College of Obstetricians and Gynaecologists:
The Nordic Federation of Societies of Obstetrics and Gynecology (NFOG) hat 2014 eine Guideline veröffentlicht, in der unter dem Punkt 3 - Rehydration (IIa) ebenfalls gefordert wird, dass Glukoseinfusionen nur nach Thiamingabe gegeben werden dürfen (Link hier).
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Verwendete Literatur:
- Saenger, H. (1930): Der Tod bei Hyperemesis gravidarum. In: Arch. Gynak. 142 (1), S. 152–177.
- Ismail, S. K.; Kenny, L. (2007): Review on hyperemesis gravidarum. In: Best Practice & Research Clinical Gastroenterology 21 (5), S. 755–769.
- Royal College of Obstetricians and Gynaecologists: RCOG Green-top Guideline No. 69
https://www.rcog.org.uk/globalassets/documents/guidelines/green-top-guidelines/gtg69-hyperemesis.pdf - The Nordic Federation of Societies of Obstetrics and Gynecology (NFOG): Guideline
http://www.nfog.org/files/guidelines/7%20NGF%20Obst%20hyperemisis%20Vikanes.pdfwww.nfog.org/files/guidelines/7%20NGF%20Obst%20hyperemisis%20Vikanes.pdf
Beschwerden, die auf eine Hyperemesis gravidarum hinweisen könnten, gehört immer in die fachkundigen Hände eines Mediziners. Nur dieser kann die im Einzelfall notwendigen Untersuchungen durchführen und erkennen, ob es sich überhaupt um eine Hyperemesis gravidarum handelt. Nur der Fachmann kann die möglichen Risiken managen und die Behandlung verordnen. Falls Sie betroffen sind: Zögern Sie nicht zu lange und wenden Sie sich an Ihren Arzt oder gegebenenfalls an die Notaufnahme des Krankenhauses.
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Letzte Bearbeitung am 23.03.2017 durch Anne Hutter